Schon mit vier Jahren bekam ich von meinen Eltern Rollschuhe geschenkt, weil mich nichts so sehr interessierte wie mit den älteren Mädels um den Block zu sausen.

Wie ich Eiskunstläuferin wurde
Mit den Rollschuhen unterwegs

Beim Einkaufen traf meine Mutter (selbst nie sportlich aktiv) zufällig eine Dame, der mein Talent auffiel; diese empfahl mich bei einem Verein anzumelden.
Von da ab ging’s sowohl im Rollkunst-, als auch Eiskunstlaufen schnell aufwärts und ich siegte in den Folgejahren auf Anhieb in sämtlichen Leistungsklassen auf Landesebene (u.a. 9-fache Landesmeisterin von RLP).

Wie ich Eiskunstläuferin wurde
Rollspagat

Bereits mit 9 Jahren nahm ich an den Deutschen Jugendmeisterschaften teil und war mit 10 Jahren erstmals bei den Deutschen Juniorenmeisterschaften dabei. Diese fand 1971 übrigens im altehrwürdigen Berliner Sportpalast – einem wahrlich historischen Gebäude – statt, bevor er zwei Jahre später abgerissen wurde.

Mit zunehmenden nationalen/ internationalen Wettkampfgeschehen wird die Konkurrenz natürlich härter und die Neutralität der Wertungspreisrichter problemtischer. Dieses Thema allein könnte Bücher füllen.

Wie auch immer, ohne die zeitliche und finanzielle Unterstützung der Eltern ist dies alles nicht machbar, denn als Kind und Jugendlicher bedarf man stets der Begleitung und dem  permanenten Transport zu teils weit entfernten Trainings- und Wettkampfstätten quer durch Deutschland/ Europa. Fahrer war fast immer mein Vater, während sich meine Mutter um die passenden Outfits kümmerte. In den letzten beiden Wettkampfjahren – anläßlich der Teilnahme bei den Profi-Weltmeisterschaften 1978 und 1979 – habe ich schließlich selbst die Musik- und Kostümauswahl getroffen und teils auch die Choreographien für die Kürprogramme erstellt.

Wie ich Eiskunstläuferin wurde
„Küsschen“

Ich bin immer eisgelaufen, weil ich es wollte und Spielen mir zu langweilig war … sicher auch, weil Erfolg süchtig macht. Ich konnte mich zu dem harten Training (täglich durchschnittlich 3-5 Stunden, am Wochenende  bis zu 6 Stunden, oft schon morgens vor der Schule oder auch nach 22.00 Uhr) meist nur wegen der anstehenden Wettkämpfe und der Publikumspräsentation motivieren, genau da scheiterten andere oft an ihren Nerven (Eisläufer stricken zur Beruhigung übrigens gerne).

Und ja, man muß schon ein kleiner Masochist sein, um beim Training für einen Sprung wie z.B. dem Doppel-Axel (2,5 Umdrehungen bzw. 900 Grad) wochenlang täglich 30 Minuten Sturztraining  durchzuhalten, bis er eines Tages klappt. Verletzungen bleiben da natürlich nicht aus.

Die Faszination dieser Sportart besteht für mich nach wie vor in der Kombination aus Artistik, Schauspielkunst, Geschwindigkeit und Musik. Man braucht schon eine gewisse Ausstrahlung, um eine Eisfläche von 30 x 60 m als Läuferin auszufüllen. Und es gibt auch kein zurück: wenn der Hallensprecher deinen Namen aufruft, muß man raus. Dann ist man mit sich und der Musik allein; dann kann niemand mehr helfen und es kommt allein darauf an, was man selbst daraus macht.

Wie ich Eiskunstläuferin wurde
KÜR

So verhält es sich m.E. auch außerhalb des Sports, denn es gilt in jedem Alter die richtige Balance aus „Pflicht und Kür“ zu finden. Sich eine Wohlfühlzone zu schaffen, aber auch Herausforderungen zu stellen – da hüpfen die Endorphine, das gibt Selbstsicherheit und Motivation.

Heute bin ich natürlich nicht mehr aktiv und verfolge die Szene meist nur am Bildschirm.

Dem Willen zum Erfolg ist Vieles unterzuordnen, d.h. außer Schule/ Gymnasium und Ballett gab es nur selten Freizeit. So lernt man seine Zeit sehr effizient einzuteilen und zu nutzen. Ich gestehe aber auch, daß sich das Leben bis zu meinem 40. Lebensjahr – bei aller Disziplin – sich wie  ein Dauerlauf anfühlte. Dazu bei Gelegenheit ggf. etwas mehr …

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