Egal, Skispaß pur für die ganze Familie kann für einige Tage auch eine Skihalle bieten. Freilich sind diese „Indoor-Skigebiete“ kein Ersatz für den Blick von Alpengipfeln und endlos weit verschneite Wälder, aber sie sind perfekt für erste Rutscherfahrungen auf Skiern oder Snowboards und ein willkommener sportlicher Ausgleich nach Feier- und langen Bürotagen. Vor allem aber ermöglicht es die homogene Schneelage bei -1 Grad Hallentemperatur sich nach der langen Jahrespause erst mal wieder auf die Skisporterfordernisse einzustellen. Wer jetzt schmunzelt, dem sei gesagt, daß dort in den Sommermonaten sogar professionelle Trainingscamps stattfinden. Dazu werden dann entsprechende Streckenabschnitte zusätzlich mit Wasser vereist und das Herausschnellen aus den Startboxen für Skicrosser trainiert, etc. Natürlich kann vor Ort jegliches Equipment ausgeliehen werden und auch auf den Einkehrschwung muß niemand verzichten.
Skihallen in Deutschland
Bereits vor drei Jahren hatte ich das Leistungszentrum für Langlauf und Biathlon in Oberhof/ Thüringen besucht, eine der wenigen Langlauf-Skihallen auf der Welt. Hier geht es weniger um die Steilheit der Pisten, als um die Länge. Immerhin 1,2 Loipenkilometer (Klassisch und Skating) kann man in dem gewundenen und clever angelegten Tunnelsystem mit Tageslichtfernstern das ganze Jahr über für wenig Geld belaufen. Das hat was.
Allein in Deutschland gibt es derzeit vier Alpin-Skihallen, nämlich in Bottrop, Neuss, Bispingen und Wittenburg. Alle sind ähnlich konzipiert und haben doch kleine Eigenheiten.
Die längste Piste bietet mit 640 Metern Länge und einer Kurvenstrecke ohne Frage das Alpincenter Bottrop im nordrhein-westfälischen Ruhrgebiet. Förderbänder befördern die Skifahrer*innen und Snowboarder*innen auf den 77 Meter höher gelegenen Startpunkt. Zusätzlich gibt es eine 1.000 m lange Sommerrodelbahn, einen Indoor-Skydiving Windkanal und einen Hochseil-Kletterpark.
In der niedersächsischen Skihalle SnowWorld Bispingen südlich von Hamburg können Skifans seit 2006 Wintersport betreiben. Der Höhenunterschied auf den “Heidegletscher” beträgt 30 Meter und die Abfahrtslänge 300 Meter. Für Freestyler steht ein Snowpark zur Verfügung, für Rodelfreaks eine Rodelbahn. Neben diversen saisonale Events findet man hier auch einen Ableger des Münchener Hofbräuhauses.
Auch der Alpenpark Neuss im Rheinland nahe Düsseldorf bietet eine 300 Meter lange Hauptpiste sowie eine 100 Meter lange Nebenpiste für Anfänger. Zudem gibt es eine Almgolf- und FunFußball-Anlage.
Nur 80 km von Hamburg entfernt im Westen von Mecklenburg-Vorpommern befindet sich das Alpincenter Hamburg-Wittenburg. Hier wartet eine 330 Meter lange Skipiste (bis 30% Gefälle) auf die Gäste und es gibt einen abgegrenzten gesicherten Übungshang von rund 90 Metern (10% Gefälle) für Anfänger. Das Alpincenter bietet mehrere Lifte, eine blaue und eine rote Piste sowie eine 60 m lange Tubing-Bahn und einen kleinen Freestyle-Park (die Obstacles und Buckel sind jeweils an den Rändern der Piste angelegt). Auf dem Gelände der Skihalle befinden sich neben einem VanderValk-Hotel und diversen Restaurants auch eine Kartbahn und eine Bowlingbahn.
Apropos Schnee: Wie auf den Freiluftpisten meist auch, sorgen hier 15 Schneekanonen für frischen Schnee. Dieser enthält keinerlei chemische Zusätze und gilt somit nicht als Kunstschnee. Die Pistenpreparation erfolgt während der Schließzeiten mit Hilfe eines klassischen „PistenBully 400“.
Insgesamt 54 Umluftkühlgeräte in der Skihalle und fünf Kältemaschinen sorgen für die durchschnittliche Hallentemperatur von -1,5°C rund ums Jahr. Hinzu kommen 30 Kilometer Kühlschläuche. Gekühlt wird mit Tyfocor (Glykol) statt Amonik. Die benachbarte Biogasanlage liefert die benötigte Wärme für das komplette Gebäude. Rund 200 Kilometer Stromkabel versorgen den gesamten Skihallen-Komplex mit Strom.
Weltweiter Skihallen-Überblick
Dank modernster Kühltechnik gibt es weltweit inzwischen mindestens 40 weitere, teils spektakuläre Skihallen. Zum Beispiel in den Niederlanden, in Belgien, Amnéville (Nordfrankreich), Tamworth (England), Melbourne (Australien), China und Dubai, ja sogar in Hyderabad (Indien). In Dänemark können Skifans seit 2023 vom Dach eines Kopenhagener Kraftwerks herab mit Meerblick das ganze Jahr über Skisport betreiben. Auf dem „Kopenhill“ läuft man allerdings nicht auf Schnee, sondern auf umweltfreundlichen Kunststoffmatten wie sie auch beim Skispringen im Sommer als Gleitflächen verwendet werden. Vielleicht ein Konzept der Zukunft; für mich jedoch sind Ski und Schnee unabdingbar miteinander verbunden. Sanddünen-Skilauf ist leider nur noch selten möglich (m.W. nur in den Arabischen Emiraten), leider nicht mehr auf der Dune de Pilat am Atlantik nahe Bordeaux und der großen Wanderdüne von Leba an der polnischen Ostseeküste. Einzige weitere Ausnahme ist der Kaolinberg von Hirschau nahe Selb in der Oberpfalz, wo man auf Abraummaterial zur Porzellan-Herstellung bzw. feinster weißer erzhaltiger Tonerde wie auf Sand steil hinunter gleiten kann.
Skihalle Wittenburg hautnah erleben
Ich habe dieses Mal in Wittenburg Station gemacht und die zwei Stunden (Zeitkarte für Erwachsene 30.- Euro) sehr genossen. Am 24.12. mittags war nicht viel Betrieb und ich konnte mich zu internationalen „Weihnachtsohrwürmern“ nach Herzenslust austoben – mal im Fox-, mal im Walzerrhythmus abschwingen. Tür auf, Ski an, zehn Meter bis zu den Liften. Sich in den bequemen Vierer-Sessellift fallen lassen, nach ca. drei Minuten oben aussteigen und nahtlos mit Schwung direkt wieder auf die Piste – mal rechts, mal links runter, mal über einige Freestyle-Buckel, mal Schuß, mal mit kontrollierten Wedelschwüngen über die volle Breite von 40 Metern; so kommt fast ein Pistenkilometer zusammen. 20 Fahrten nonstop ohne Anstehen – herrlich. Ungeübte Skifahrer*innen können in der großzügigen mit Nadelfilz ausgelegten Vorhalle Einzel- und Gruppenunterricht buchen und selbstverständlich kann auch jegliches Skimaterial beim Servicepersonal ausleihen. In die Skihalle integriert ist seitlich auch ein kleines Winterdorf mit Eisbahn, das für Events genutzt werden kann.
Und weil’s so schön war/ ist, hinter her noch einen Glühpunsch mit Kaiserschmarren im Gletscherstübchen – bei kuschel-warmen Blick in die Schneewelt hinter Glas (Piste von unten zu 80% einsehbar). Ich komme wieder, dann bringe ich am besten gleich noch meine Langlaufski und mein Biathlon-Lasergewehr mit, um zwischendurch die alpine Anfängerstrecke im Skatingstil zu belaufen. Das wärmt wieder auf, denn man sollte die permanente Temperatur von -1/-2 Grad nicht unterschätzen. Zwar gibt es in der schneesicheren Halle – abgesehen vom Fahrtwind – keinen Wind, aber auch eben keine Sonnenstrahlen – das wäre noch eine Innovation. Schneien tut’s ja schon …
Mei Skifoarn …. macht überall Spaß und das schon mal unfreundliche Wetter in Norddeutschland bleibt einfach draußen. Genau das betonten auch andere Skiläufer, wenn man im Lift ins Gespräch kam. Einer war sogar aus Rügen über 260 Kilometer angereist, um sich hier für den bevorstehenden Snowboard-Urlaub in Österreich fit zu machen. Von den glücklichen Elterngesichter ganz zu schweigen: sei es, daß sie ihre Lieben-Kleinen auch als Nichtskiläufer hinter der Scheibe genau beobachten oder deren Fortschritte mit der Handykamera – stolz wie Bolle – unmittelbar festzuhalten können.
p.s. Kleine Schneekunde
Keine Schneeflocke gleicht der anderen, alle sind, wie ein genetischer Fingerabdruck, einzigartig. Warum das so ist, weiß bis heute keiner. Fest steht nur, daß sie bei ihrer Entstehung aus Wasser und (Sternen)Staub weniger als 0,1 Millimeter messen. Gemeinsam haben sie nur die grundsätzliche sechseckige Form (entdecket wurden bisher 6000 Formuntergruppen). Je nach Kälte- und Feuchtigkeitsgrad verästeln sich die Kristalle immer weiter, um stets über die größtmögliche Oberfläche Wärme abzugeben. Noch während ihres Fallens in Richtung Erde verwandeln sich die Minikristalle durch weitere dickere oder dünnere Verästelungen und Drehungen zu Schneeflocken. Dabei bilden sich u.a. viele kleine Luftkammern, der Grund, warum Schnee so ein guter Schalldämpfer ist. Pulverschnee entsteht nur bei sehr trockener Kälte. Ab minus 10 Grad ist das Formen eines Schneeballes nahezu unmöglich, da die Kristalle brechen und einem der Schnee sprichwörtlich durch die Finger rieselt. Ein wahres Winter-Wonder-Land.
Anmerkung: Fotos PFritz, das Streckenprofil-Bild ist der Website des Alpincenters Wittenburg entnommen