Britisches Flair erleben, kann man nicht nur auf „der Insel“.  Neben einigen Teehaus-Institutionen wie dem „Eaton Place Tearoom“ in Hamburg, findet man es seit drei Jahren unter dem Motto „Britsh Flair“ auch auf Gut Basthorst nahe Lauenburg. Jeweils Anfang September findet dann nämlich ein Wochenende der Extraklasse statt.

Hausherr Baron Enno von Ruffin und sein Team werden nicht müde, dem Kalender stets neue Ereignisse hinzu zu fügen und den Besuchern das Gut zugänglich zu machen. Egal, ob Dinner oder Hochzeitsevent im Pferdestall, eine Caravan-Messe, Konzerte im Rosengarten oder der romatische Weihnachtsmarkt. Hier ist – für jeden Geschmack, Jung und Alt – immer etwas los. Und wer jetzt meint, daß Gut Basthorst auch etwas mit Griechenland zu tun hat bzw. hatte, irrt nicht. Besagter Enno Freiherr von Ruffin war fast 20 Jahre mit der Schlagersängerin Vicky Leandros verheiratet.

Mit Kilt, Dudelsack und Charme 

Pünktlich um 10.00 Uhr eröffnen an diesem Tag die St. Pauli Pipes & Drums mit einem tongewaltigen Potpourri bekannter Dudelsackklängen den Tag, der mit einem Openair-Picknick zu Opernklängen des Hamburg Festival Orchestra erst spät am Abend enden wird. Will man auf der minutengenau durchgetakteten Veranstaltung alles miterleben, braucht es schon Kondition und es empfiehlt sich vorab der Blick in das Infoheftchen. Aber man hat ja die Wahl und einige Programmpunkte werden zweimal am Tag dargeboten oder sind sog. Walking Acts, denen man beim Schlendern zwischen den Verkaufsständen und Gebäuden begegnen kann. Sich einmal mit dem Paddington-Bär fotografieren lassen oder sich schnell mal beim Gummistiefel-Wurf versuchen, ist ein heiden Spaß.

Das dargebotene Warensortiment umfaßt ausgesuchte, landestypische Spezialitäten. Das Angebot reicht von britischer Mode (nichts geht ohne Hut!), Einrichtungs-Accessoirs und Restaurierungs-Workshops bis hin zu Fudge Candies, Scones, Whisky- und Cider-Tastings und natürlich Fish & Chips. Ja, die anwesenden Händler beklagen unter der Hand die Teuerung und kompliziertere Beschaffung der Waren seit dem Brexit, aber man nimmt es royal gelassen.

Das britische Flair wird insbesondere dadurch unterstützt, daß viele der Besucher dem British Way of Life mit entsprechender Kleidung und Equipment huldigen und dies sichtbar genießen: „Lieber mitten drin als nur dabei“. Da wird nicht nur ein erlesenes Picknick zelebriert, da hat man auch Crocketspiele parat und kauft Lose der Charity-Tombola.

Während ich noch meine Blicke schweifen lasse, höre ich lautstarkes englisches Gebrabbel aus luftiger Höhe. „Hallo Sirs, you like some Tea?“ Gekonnte stakst die Mamsell mit ihrem gut bestückten Teewagen den etwas holprigen Weg entlang. Bridie the Tea Lady“ auf ihren Stelzen ist eine Institution in Great Britain und hat schon vor diverser Prominenz wie den Spencers „serviert“. Um die 2,40 Meter ist die vielseitige Schauspielerin mit den langen Beinen nun hoch und hat alles im Blick. Ihre Art, der Zungenschlag und die leicht quietschige Stimme sind einfach unverwechselbar und so authentisch, daß man sich spätestens jetzt in England wähnt. Ich genieße ein Tänzchen samt Talk mit ihr. Wir scherzen zusammen und kommen zu dem Schluß, daß die leckeren Törtchen und Sandwhiches auf ihrem Wagen – original getreue Dauerware aus Kunstoff – immerhin zum Schlank bleiben beitragen.

Sie zieht weiter und ich stehe nun unmittelbar vor einigen anderen Schönheiten: einer Auswahl historischer Fahrzeuge. Chrom und Lack glänzen mit den stolzen Besitzern nur so um die Wette. Einige dieser Classic Cars und individuell umgebauten Modelle sind fast 100 Jahre alt und durchaus fahrtüchtig. Alle diese Oltimer kamen auf vier Rädern nach Basthorst, auch wenn das Fahren mangels Servo-Lenkung und Bremskraftverstärkung ungleich anstrengender ist.

Einfach tierisch clever

Pferde und Hunde gehören einfach zum Landleben. Auf einer mit Wimpeln umzäunten Wiese im hinteren Teil des Geländes gleich neben der Zeltbühne hört man aufgeregtes Gebell. Nun haben die lebenslustigen und gewitzten „Jackos“ (Jack Russell Terrier) ihren Auftritt. Geradezu gierig, aber auch intelligent jagen sie dem Köder auf Schienen hinterher und versuchen „das Mäuschen“ zu fangen. Die ganz schlaunen schneiden dabei Ecken ab oder versuchen dem Köder entgegen zu kommen. Für den humanen Strom- bzw. Geschwindigkeitserzeuger auf dem Standfahrrad heißt es dabei mal mehr, mal weniger kräftig in die Pedale zu treten. Das muß man live erlebt haben und man fühlt sich in Kindertage versetzt, als in der Fernsehserie „Die kleinen Strolche“ ein pfiffiger Terrier mit schwarzem Ring um das linke Auge der Hauptakteuer war.

Es folgt eine Hütehund Show des Schnuckenhof Daume, der extra mit „Mann & Schafen“ aus dem hessischen Büdingen angereist ist. Im Mittelpunkt steht auch hier der Hund bzw. der Arbeitshund. Faszinierend wie man Schafen über Generationen beigebracht hat, den Hund zum Dominator und Angstfeind Nummer Eins zu sehen. Der Hund hingegen will eigentlich nur an die leckere Lammkeule, würde sich einem Befehl seines Herrchens aber nie widersetzen. Im Zweifelsfall würde er seine Lammkeulen natürlich auch verteidigen. Daher heißt es „Kusch“. „Come by“ .. einige Rufe für Platz, links oder rechts erfolgen auf Englisch, andere wiederum auf gut Hessisch. Der moderierende Schäfer erklärt schmunzelt, daß man das Ordnungsprinzip seinen Lieblingen auch mit hessischen Begriffen wie „Äppelwoi“ (Einkreisen links rum) oder „Handkäs“ (rechts rum) antrainieren könne. Letztlich ein Spiel auf Augenhöhe, denn der Schäfer arbeitet mit den Hunden (oft Bordercollies) beim Schaftrieb meist über den Augenkontakt, nur selten über die Stimme oder mit dem Schäferstab.

Zweibeiner in Aktion 

Man könnte noch länger zuschauen, aber nach gut einer halben Stunde formieren sich auf der benachbarten Bühne schon die „Irish Dancers„. Konzentriert und mit schnellen Schrittfolgen hüpft und steppt die 20-köpfige Truppe zu typischen Musikstücken. Sie schwingen im wahrsten Sinne des Wortes das Tanzbein. Bekannt ist der Irish Dance vor allem durch eine Art Stepptanz mit präziser Fußarbeit (mit oder ohne Nagelschuhen) und aufrechter Körperhaltung in Reihenform, als Solo, Duo oder im Viereck. Ein bißchen Tanzshow a la Riverdance und Lord of the Dance hautnah erleben. 

Zwischen den beiden Events haben die „Highländer vom Niederrhein“, d.h. die Starken Männer im Kilt ihren großen Auftritt. Dabei messen sie sich analog der Highland Games Disziplinen im Steinstoßen, Baumstammwerfen und Kugelschwingen. Da fliegt der Rock (und ja sie haben etwas darunter an) und die Schwergewichte kommen schnell außer Atem. Wer nun lächelt, wird prompt aufgefordert die Wurfgeschosse mal selbst in die Hand zu nehmen. Sie wiegen – je nach Gewichtsklasse des Kämpfers – zwischen 18 und 25 Kilogramm. Da zwickt auch mal der Rücken des ein oder anderen Recken. Ein paar Unerschrocke dürfen sich am Ende einmal selbst daran ausprobieren. Ich kann die Steine nicht einmal anheben, geschweige denn zum Wurf bringen.

Pferdefreunde kommen übrigens am Sonntag auf ihre Kosten. Da stehen eine kleine Treibjagd, Reitvorführungen und Kutschfahrten auf dem Programm.

Kultur geht durch den Magen

Jetzt aber knurrt der Magen, doch leider ist gegen 14.00 Uhr der Fisch bereits  ausverkauft, nur Chips, also Pommes sind noch zu haben. Kein Wunder: waren die Besucherströme zwischen 10.00 und 12.00 Uhr noch überschaubar, ist das Gelände nunmehr gut bevölkert und die Schlangen an den Foodständen sind entsprechend lang. Spontan entscheide ich mich für eine Wildbratwurst, schließlich auch eine gute Grundlage für eine kleine Whiskyprobe.

Ein kleiner Stand zeigt eine bunte, wohl sortierte Auswahl an Single Malts.  Nach kurzer Auswahlberatung erhalte ich den für mich perfekten „Lady Whisky“ einer Destille der schottischen Insel Islay (sprich Eila): gereift im Sherryfaß mit weicher torfiger Note – ein Gedicht. Ach ja, da kommen Erinnerungen auf.

Nach gut vier Stunden ist mir nun nach etwas Süßem. Hausgemachtes Fruchteis oder bunte Fudge Bonbons? Und auch noch ein Kleidungsstück? Das bleibt mein Geheimnis. Unübersehbar aber ist, wie viele Gäste an dem ein oder anderen Stand schon fündig geworden sind, also Taschen und Täschchen hin und her tragen. Die ausreichenden Parkplätze sind übrigens nicht weit, so daß man schnell und bequem wieder freie Hand hat.

Erst viel zu spät sehe ich, daß man sich im Zelt des Mac Habard Clans auch zünftig einkleiden lassen und mehr über die Gewandung erfahren kann. Naja, man muß ja auch einen Grund haben, im nächsten Jahr wieder zu kommen. Der Eintrittspreis ist mit 10.- (online) bzw. 12.- pro Erwachsenem am Kassenhäuschen durchaus moderat.

Also, wie wär’s? Die Zeit vergeht schnell

Unbedingt auf dem Schirm haben sollte man auch den Weihnachtsmarkt auf Gut Basthorst, der dieses Jahr vom 21.11 bis 23.11 (Vorweihnachtsbazar) bzw. an den jeweiligen Adventswochenenden stattfindet (Eintritt 8.- Euro, Kinder und Jugendliche in Begleitung eines Erwachsenen sind gratis). Dann geben sich – neben dem weihnachtlichen Rahmenprogramm mit Weihnachtswerkstatt, Tannenbaumverkauf und Wasserfeuerwerk, etc. rund 250 Aussteller die Ehre. Der Bundenzauber zählt damit zu den größten Weihnachtsmärkten in Norddeutschland und ist sicher eine gute Gelegenheit stimmungsvoll passende Geschenke zum Fest zu erstehen.

See you next time …

 

Anmerkung: Fotos PFritz und freundlicher Genehmigung von AgenturHaus
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