Am 17.6. habe ich noch geträumt. Von der Mission 5. Stern, taufrischen Jungs mit Siegeswillen auf dem Platz. Einer Mannschaft die es wissen will und alles gibt. Gesehen habe ich Blei in den Füßen, Profis die zu viele Fehler machen, lauter Asse, die sich nicht einig sind. Scheint fast so, als hätten sie die Stimmung aus Deutschland mitgenommen.

Jungs, so geht das doch nicht.

Und noch mehr fällt auf. Auch die Mannschaft daheim macht schlapp. Wo sind die vielen Überzieher an den Außenspiegeln der Autos, wo die Fähnchen, euphorisierte Mengen, die als Nr. 12 unseren Jungs in Russland den Rücken stärken?

Der Traum vom Sommermärchen ist geplatzt

Die verhaltene Stimmung ist mir schon beim Spiel aufgefallen. In der Fußballkneipe ist mehr los, wenn die Eintracht spielt. Es muss an der Lage des Lokals liegen. Hier, fast an der Grenze zu Offenbach ist die Stimmung schon lange gekippt, wollen die meisten wieder Grenzen. Und vor allem eins: Zurückweisung an diesen. Ob das juristisch verantwortbar ist? Egal. Einfach machen. Länder wie Italien oder Griechenland mit einseitiger Grenzschließung überlasten? Unwichtig, denn den Offenbachern sind ‚ihre‘ 10 Moscheen ein Dorn im Auge. In Deutschlands Stadt mit 152 Nationen und dem höchsten Ausländeranteil (37%) bekommen die ausländerfeindlichen Stimmen Macht. Und nun in der Kneipe beim Fußball höre ich vom Nachbartisch Diskussionen, die mit dem Geschehen auf dem Platz wenig zu tun haben. Über Özil und Gündogan wird philosophiert und dass man sie hätte zu Hause lassen sollen. Unser Nachbar bläst ins gleiche Horn – er schaut sich deswegen die WM-Spiele erst gar nicht an. Trotzdem ist er eigentlich Fußballfan, aber eben nur eigentlich.

Als ich am Montag nach der Auftaktniederlage in Frankfurts Bahnhofsviertel Richtung Innenstadt unterwegs bin, sehe ich kein einziges Trikot (außer meinem), keine Fahne, keinen Deutschlandschmuck irgendwo. Vor wenigen Kneipen Flachbildschirme; schwarz und einsam.

Da macht man sich seine Gedanken und wird den Eindruck nicht los, dass in unserem Land der Segen ganz schön schief hängt. Und das in einer Zeit, in der fast 70 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Flüchtling. Das Wort der Stunde und in aller Munde. Bald ein Schimpfwort?!

Ich schätze an Deutschland sehr, dass jeder seine Meinung sagen darf. Dazu gehört, dass Menschen sagen, dass sie sich eine härtere Politik gegen Asylanten und mehr Abschiebungen wünschen. Dazu gehört, dass sie unsere Willkommenskultur satthaben und Frau Merkel endlich ihren Hut nehmen soll. Meine gehört auch dazu und sie ist eine andere. Wir können doch nicht einfach die Schotten dicht machen und glauben, dass wir die Probleme dann los sind.  Einfach wegschauen, wenn im Mittelmeer tausende Menschen ertrinken? Wir haben schon genug getan, glauben viele und verweisen an unsere Nachbarländer. Jetzt sind „die“ mal dran. Ist das Europa?! Brauchen wir von Europa nur die Bequemlichkeit des entfallenen Geldtauschs beim Besuch im Nachbarland? Ich habe allergrößte Zweifel, dass uns diese Denke vorwärtsbringt. Der Traum von Europa wird jetzt unbequem.

Der Spielraum für eine europäische Asyl-Regelung enger und der von Frau Merkel sowieso.

Es ist im Land wie im Fußball: Jedes Spiel ein Finale. Ausgang ungewiss.


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