Irgendwann einmal hat die zivilisierte Welt begonnen, Welttage einzuführen. Für die Fische, für das Meer, für Brot, Herz und Huren, ja und auch für die Frauen. Unterdessen lassen wir die Fische weiter sterben, schütten jedes Jahr Millionentonnen von Schadstoffen ins Meer, sterben Menschen, weil sie nichts zu essen haben, werden Frauen rund um den Globus diskriminiert. Verrückte Welt, oder?

Der Maximalwert all‘ dieser schönen Tage beschränkt sich darauf, Aufmerksamkeit zu schaffen, Erinnerungen zu teilen, den Zeigefinger in diverse Wunden zu legen, Opfer auszumachen. Und Aktionstage sind auch was Schönes. Möglicherweise ist das wichtig. Wichtiger wäre allerdings evidente Veränderung. Und die schaffen wir nicht – Welttage hin oder her.

So auch der Weltfrauentag: hoch lebe die Frau! Sie darf wählen, Bankgeschäfte machen und Hosen anziehen. Toll! Einst gingen zig Tausende für diese Rechte auf die Straße und sie haben eine Menge bewegt und erreicht. Entscheidend war die Solidarität in der Quantität und die Ernsthaftigkeit, mit der die Frauen auf die Straße gegangen sind. Der unabwendbare Wille, längst überfällige Rechte geltend zu machen und durchzusetzen. Dass wir noch einmal so eine Solidarität erreichen werden, wage ich zu bezweifeln.

Zwar weiß ein jede/r, dass die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern noch nicht Wirklichkeit ist und Frauen ein größeres Armutsrisiko tragen. Daran konnte weder die Generation „Emma“, noch die Tatsache, dass wir eine Bundeskanzlerin haben, etwas ändern. Auch deshalb nicht, weil wir im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern kategorisch an der geschlechterspezifischen Rollenverteilung festhalten. Das bedeutet, dass es in unserer Gesellschaft ziemlich zementierte Vorstellungen darüber gibt, wie Männer und Frauen zu sein haben. Wer aus dem Raster fällt, bekommt es schnell zu spüren. Es steht also nicht hoch im gesellschaftlichen Diskurs, als Mann den Erziehungsurlaub zu nehmen und als Frau bei der Jobwahl nicht zu überlegen, ob dieser gut mit einer Familie unter einen Hut zu bringen ist.

Im Gegenteil. Fast scheint mir, als würden wir u.a. auch durch politische Strömungen die Wirksamkeit dieser alten Klischees befeuern. Die Frau zurück an den Herd, der Mann Ernährer und Altersvorsorge – juhuuu, Kittelschürzen wir kommen. Welch anderen Schluss soll man ziehen, wenn man die Studien des letzten Jahres betrachtet? Da wird deutlich, dass Frauen Glück nicht über berufliches Engagement definieren und Männer am glücklichsten sind, wenn sie mindestens 50 Stunden pro Woche arbeiten. Gerade wurde auch publiziert, dass Männer aktuellen Nachrichten mehr Aufmerksamkeit schenken, als die Frauen. Dornröschenschlaf?! Wollen Männer und Frauen überhaupt gleiche Rollen oder ist alles gut, wie es ist?

Schaue ich in mein persönliches 50Plus Umfeld, höre ich einen nahezu orchestrierten Lobessang. „Ist doch alles schön.“ Finanziell haben sie nie in der Klemme gesessen, mussten Kinder nicht alleine großziehen und die Rente wird wohl reichen oder gar üppig ausfallen – schließlich ist man zu Zweit. Da spielen Renten-Fehlzeiten für die Kindererziehung keine Rolle.
Haus bezahlt, Kinder groß – was will man mehr. Auch Demografie oder Altersbilder sind Themen, bei denen ich kein Gehör finde. Dass Frauen 40Plus in der medialen Öffentlichkeit quasi verschwinden und in der Werbung in der Hauptsache für Artikel hergenommen werden, die wider den körperlichen Verfall sind (gegen Blasenschwäche, Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Vergesslichkeit u.a.m.), ist so – aber lange kein Grund etwas daran ändern zu wollen.  Es gibt vieles – so der Tenor -, was nicht wirklich gut ist, aber warum etwas ändern wollen, wenn der eigene Spielraum groß genug und das Leben so schön ist?

Nichtsdestotrotz ist es mir wichtig, für Änderung einzustehen. Ich betrachte es als einer meiner Aufgaben, an „Zukunft“ mitzuwirken. Welchen Boden wollen wir denn unserer Frauen-Nachfolge-Generation hinterlassen?! Einen – es wird schon irgendwie geh’n – oder einen, der Frauen Mut und Kraft gibt, ihre Bildung beruflich umzusetzen – auch mit Kindern. Die keine Angst mehr haben müssen, nach einem Leben voll Arbeit mit leeren Händen dazustehen. Die mit 40 Plus nicht mehr dem Verschwindefluch ausgesetzt sind, sondern auch medial das Bild abgeben dürfen, das Ihnen zusteht. Nämlich eins, von selbstbewussten, tollen Frauen, die für ebenso tolle Mode werben dürfen und in TV-Spots mit 40 nicht erzählen müssen, wie super die neue Binde für Blasenschwäche ist.

Wir sind es doch, die die Weichen heute für morgen stellen. Und das Bestreben, zumindest einiges besser zu hinterlassen, als man es vorgefunden hat, ist für mich ein hehres Ziel.

Ich finde, dafür sollten alle Frauen zusammenhalten – auch wenn es in einzelnen Kosmen glücklicherweise hübsch rosarot ist.

Zukunft geht alle an; mit Weltfrauen(feier)tag – oder auch ohne!

print
Autor

Write A Comment