Während in den USA die Angst vor einem Atomangriff das (private) Bunker-Geschäft seit Jahren antreibt und die Schutzräume in der Schweiz zum Alltag gehören, gibt es in Deutschland so gut wie keine funktionstüchtigen Schutzräume mehr. Warum ist das so?

Verfolgt man das Tagesgeschehen, mehren sich die Katastrophenmeldungen, ganz zu schweigen von den Kriegshandlungen in der Ukraine. Und das Säbelrasseln Chinas um Taiwan scheint nur eine Frage der Zeit. Irgendwie scheint die Welt – trotz der vielen Gutmenschen und den vermeintlich besten Absichten der Politiker mehr denn je aus den Fugen.

Und was macht der mündige Bürger? Die einen treten weiter ignorant in ihrem Hamsterrad getreu dem Motto: „DIE werden es schon richten“ oder „ich kann daran sowieso nichts ändern“. Andere wiederum werden zu „Preppern“ und neigen zu Panikkäufen, umfangreicher Notbevorratung und Bau von Selbstschutzanlagen nach der Devise: „Hier kommt nur meine Sippe rein“ bzw. „Wer nicht selbst vorsorgt und sich auf andere verläßt, ist schon verlassen“. Es scheint also eine Frage der persönlichen Einstellung und Kultur, wie Menschen mit der Angst vor einem Krieg oder sonstigen Übergriffen umgehen.

Erschien ein physisches Schutzbedürfnis bis vor Kurzem noch reichlich absurd und übertrieben, ahnt man inzwischen, daß eine entsprechende existenzbedrohende Extremsituation vielleicht schneller eintreten kann, als gedacht. Man denke nur an die Konsequenzen eines plötzlichen Energie-Blackouts. Goldene Zeiten für Unruhestifter und Nationalismus? In der Tat ist die Gesellschaft trotz – oder vielleicht gerade wegen aller Harmonisierungsversuche – polarisiert wie seit langem nicht mehr. Zudem sickert immer mehr durch, daß es um die Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit des Landes – wegen „Kaputt-Sparens“ und Verlaß auf den NATO-Schutz – nicht gerade gut bestellt ist. Blickt man in die europäische Runde, macht sich mancherorts offensichtlich nun doch Nervosität breit. Blickt man in die europäische Runde, macht sich mancherorts offensichtlich nun doch Nervosität breit. Haben andere Länder an den EU-Außengrenzen wie beispielsweise Finnland bereits 2021 für Milliarden EURO 25 neue F35-Lightning Kampfjets von Lockhead (als Nachfolger der F16-Hornets) geordert, war dies in der BRD zum gleichen Zeitpunkt gerade mal eines dieser Hightec-Exemplare. Erst Ende 2022 wurde im Rahmen des 10 Milliarden Aufrüstungsprojektes dem Kauf von weiteren F-35-Jets zugestimmt, deren Lieferdatum bzw. Einsatzbereitschaft (u.a. aufgrund des erforderlichen Pilotentrainings) noch weitgehend offen ist.

Herrscht bei uns möglicherweise nicht nur Kinderarmut, sondern auch chronische Ebbe in der Staatskasse? Die Nettokosten eines solchen Düsenjägers bewegen sich nämlich bei ca. 50 Millionen EURO pro Stück; inkl. Training, Wartung und Unterhalt können sich die Kosten – so ein erfahrener Pilot – schnell verdoppeln. Will man auch andere Einheiten berücksichtigen, dürfte es also nur zu wenigen „Fliegern“ reichen.

Wie also sieht es mit dem Thema Sicherheit im Falle einer Krise oder gar eines Angriffskrieges in Deutschland aus? 

Wie viele (atomar gesicherte) Schutzräume stehen der Bevölkerung im Zweifelsfall zur Verfügung? Wo sind diese Einrichtungen zu finden und sind sie (voll) funktionsfähig? Man denke nur an die sog. Warntage der letzten Jahre respektive diversen Alarmsirenen-Tests, die mangels Wartung und Überalterung häufig kläglich versagten. Dieser Umstand wird gerne damit heruntergespielt, daß man ja jetzt die neue Handy Warn-App NINA habe. Zu dumm nur, daß ohne Strom schon nach ein paar Stunden kein Handy oder Smartphone mehr funktioniert. Die guten alten Sirenen konnten meist auch per Handkurbel betrieben werden.

Laut einem Bericht des Bundesinnenministeriums (so „Focus Online“ vom 31.03.2022 und der „Welt“ am 18.04.2022) stehen aktuell gerade mal für 0,5% der deutschen Bevölkerung Luftschutzräume zur Verfügung. Genauer gesagt seien dies rund 600 Schutzräume für 488.000 Personen. Laut „Bild“ will man in Bayern daher wieder über verstärkte Zuschüsse für kriegssichere Tiefgaragen nachdenken, etc.

Was heißt hier nachdenken ? 0,5% ist definitiv eine nachdenklich stimmende Zahl, kommt doch sofort die Frage auf, wer diese 0,5% der Bevölkerung sein sollen? Nur die wichtigsten Amtsträger, Auswahl nach Zufallsprinzip oder gar Triage? Wer ist grundsätzlich dafür verantwortlich? Wie sieht moderner Zivilschutz aus und was kostet er? 

In den Statuten heißt es dazu: In Deutschland ist der Bevölkerungsschutz eine Vorsorgeleistung des Staates, um bei Naturkatastrophen (z. B. Fluten, Waldbränden, Erdbeben, Pandemien), Kriegen oder Anschlägen Menschen zu schützen, sowie nach Unglücken Hilfe zu leisten und wieder sichere Verhältnisse herzustellen.

Der Katastrophenschutz ist in erster Linie Ländersache und liegt im Zuständigkeitsbereich der Landkreise und Feuerwehren. Der Bund wird jedoch bei Großschadensereignissen mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und dem Technischen Hilfswerk sowie teilweise auch mit der Bundeswehr unterstützend tätig. Nur im Verteidigungsfall (für den Zivilschutz) hat der Bund eigene Kompetenzen.

Wie ist die Situation in unseren Nachbarländern?

In Österreich steht nach Angaben der Wiener Zeitung vom 27.11.2022 theoretisch (?) immerhin für 26% der Bevölkerung ein Schutzraum parat. Aber auch hier sorgt man sich, denn wie viele davon umfassend einsetzbar sind, scheint strittig. In Wien setzt man (theoretisch) auf U-Bahn-Stationen als Schutzraum. Das mag allenfalls für kurze Zeit genügen, denn dort gibt es weder genügend Sanitäranlagen, noch Lebensmittelvorräte etc.

Schweden soll eine sehr hohe Schutzraum-Dichte für seine Bevölkerung haben und verfügt – zwecks Kostenkompensation – auch über diverse Konzepte zur Nutzung von Schutzbauwerken in friedlichen Zeiten. Die örtlichen Verwaltungen vermieten Räume dann an Vereine, Jugendgruppen oder nutzen sie als Lagerräume.

In Polen soll es noch rund 62.000 Bunkeranlagen geben, die nicht erst seit Ende 2022 auf ihre Einsatzbereitschaft zum Schutze der Zivilbevölkerung geprüft werden.

Spitzenreiter scheint indes mal wieder das Musterländle Schweiz. Abgesehen von einer über einhundert Prozent liegenden Schutzquote, warten die Eidgenossen auch mit einer kuriosen Geschichte auf. Dabei bekommt der Begriff „Fake“ eine völlig neue und „positive“ Bedeutung.

In der Schweiz gibt es sage und schreibe über 360.000 perfekt gewartete Bunker mit Plätzen für die gesamte Schweizer Bevölkerung (8,9 Mio) plus einige hunderttausend externe Schutzsuchende, die sogar vor einem Atomschlag schützen sollen. Das ist Weltrekord. Einige sind regelrechte Festungen mit Abwehrgeschützen und einem ausgeklügelten Tunnelsystem. Andere wiederum sind als Felsen, Scheune oder Chalets getarnt. Bei Gefahr aus dem Ausland wollte man sich in das Kernland bzw. die Alpen zurückziehen. 1886 wurde die erste derartige Festung am Gotthard gebaut (BILD). Das sog. Reduit des General Guisson war eine Verteidigungskette mit Stollen, Bunkern und versteckten Schießscharten entlang der Alpen. Einige davon stehen heute noch, andere verwahrlosten oder wurden zu Museen (z.B. Fort Hospiz auf dem Gotthard). Doch nicht nur der Alpenraum ist so gesichert, auch in Hügellandschaften wie dem Glarnerland gibt es derartige „Höfe“ oder „Chalets“, die seit 80 Jahren auf den Ernstfall warten. Hinter so manchem harmlosen Geranientopf oder kariertem Gardinchen verstecken sich zum Teil mächtige Flugabwehrgeschütze (2 Fotos). In der Nähe von Glarus gibt es sogar relativ viele davon, wobei ich mir die sog. Sperre Näfels einmal näher angesehen habe. Auf der Ennetsberge (nahe des Gasthofes Alpenblick) gibt es ein ganzes perfekt getarntes „Wehr-Dörfchen“. Ohne genaue Karte und Ortskenntnis kann das Auffinden der Gebäude schwierig sein, da die Häuschen so perfekt bemalt oder mit hölzernen Toren und Läden abgedeckt sind, daß sie sich von den umstehenden Heuschobern und Gebäuden bis auf zehn Meter nicht unterscheiden lassen.

 

Als es nach dem 2. Weltkrieg zum Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion zur Atomwaffenbedrohung kam, entschied die Schweiz 1963, daß es für jeden Einwohner einen Schutzraum geben muß. Das führte dazu, daß jeder Neubau mit mehr als acht Zimmern einen Atomschutzbunker haben mußte (seit 20212 müssen EFH keinen Bunker mehr ausweisen).

Der größte Schutzbunker befand/ befindet sich in Luzern und sollte Platz für bis zu 20.000 Menschen bieten. Er kostete seinerzeit 40 Mio Franken und war knapp 30 Jahre im Einsatz. Herzstück waren die beiden Autobahntunnels der A2 beim Sonnenberg. Im Ernstfall wären die Eingänge der beiden Tunnels mit 350 Tonnen und 3,5 Meter dicken Zementtoren verschlossen worden. Die Eingänge hätten einer Atombombe von einer Megatonne standgehalten, das entspricht dem 75-fachen der Atombombe von Hiroshima. Inzwischen ist der Riesenbunker verkleinert und bietet als Zivilschutzkeller „nur“ noch 2.000 Menschen Platz. Die beiden Tunnels dienen also nur noch dem Autoverkehr. Der Erhalt/ Unterhalt der Bunkeranlagen verschlingt jedes Jahr mehrere Mio Franken. Hin und wieder verkauft die Armee übrig gebliebene Bunker an Private oder es kommt zur Nutzungsumwidmung. So ist in der ehemaligen Festung von Naters bei Brig (Wallis), seit November 2006 das Museum der „Schweizer Garde“ untergebracht. Die Rede ist von den Wachen des Vatikan, die ausschließlich aus jungen katholischen Schweizern besteht. Andere ehemalige militärische Objekte dienen inzwischen als Veranstaltungslocations, Sicherungsräume für Datenspeicher, Vereinsheime, Themenhotels, Aquarien oder Lebensmittelproduktion (Pilzzucht). D.h. man erhält als Käufer in Absprache mit der jeweiligen Gemeinde zwar leicht ein Nutzungsrecht, eine Übernachtungs- oder Wohngenehmigung aber nur in den seltensten Fällen.

Apropos, ein bißchen Camouflage können wir in Deutschland auch. In München wurde 1941 in der Blumenstraße aus einem mittelalterlichen Wehrturm ein Hochbunker, der bis heute eine geglückte Tarnbemalung aufweist. Des weiteren gibt es am Stadtrand von Düsseldorf seit 1941 eine Bunkerkirche, das bis heute wohl massivste Gotteshaus der Welt. Auch in Holland restauriert man seit einigen Jahren ehemalige Westwall-Bunker. Allerdings sollen diese zu Museen und Veranstaltungsräumen werden. Die atomsichere U-Boot-Bunker-Werft „Balaklava“ auf der Krim kann hingegen sofort wieder in Betrieb genommen werden.

Wenn es auch wie in anderen Ländern geht, bleiben hinsichtlich Deutschland viele Fragen:

Kann oder will die Regierung seit Jahren kein Geld für eine größere angemessene Zahl an Schutzräumen ausgeben? Wie konnte es zu dieser Vernachlässigung kommen? Wohl nur In der tatsächlich naiven Annahme, das uns nie wieder Kampfhandlungen heimsuchen oder sonstige Katastrophen drohen könnten? In der Annahme, daß wir unsere alten Atomkraftwerke abschalten, die in der unmittelbaren Nachbarschaft und Grenzregionen aber keine Bedrohung darstellen? In der Annahme, daß Machthaber von Großstaaten sich immer weiterhin gefügig und verhandlungsfreundlich verhalten? In der Annahme, daß das Heer der Arbeitslosen, Untätigen und Zugereisten sich dank eines Bürgergeldes oder sonstigen Mittelzuflüssen immer weiterhin schön brav und friedlich verhalten?

Wer das ernsthaft glaubt, neigt zur Überschätzung alles im Griff zu haben. Die aktuelle Situation belehrt uns alle gerade eines Besseren. Das nicht sein kann, das nicht sein darf? Vor allem, da der Staat in letzter Zeit ja so viele wichtigere Projekte zu erfüllen hat, wie beispielsweise Kindergärten auf Kasernengelände, Tampon-Automaten auf Herrentoiletten, permanente Rechtschreibreformen oder der plötzliche Hype um eine an den Haaren herbeigezogene kulturelle Aneignung.

Immerhin: Was wir bis dahin aber besonders gut können, ist Gendern, ein Umstand der in der Schweiz wenig Relevanz besitzt. Da sind wir angeblich Europameister, wenn nicht sogar Weltmeister. Ein Spitzenplatz in einer anderen Disziplin wie z.B. der Fortentwicklung von Zukunftstechnologien, Bildung oder Ausstattung des Pflege- und Gesundheitssystems (statt Budget-Optimierung). Mehr vorausschauende Aktion, als verspätete Reaktion. Wieder mehr Mut zu Kante und Profil, statt „Piep-piep-piep, wir-ham-uns-alle lieb-Gesäusel“. Obwohl: vielleicht erkennt die sog. „Letzte Generation“ ja mal diese Brisanz und klebt sich zum Schutze eines Bunkers (so seltsam das auch klingt) davor fest. Ist sie es doch schließlich, die ständig um den Untergang ihrer Person und Welt fürchtet.

Übrigens: einer Berliner Firma gehört im thüringischen Rothenstein bei Jena der weltweit wahrscheinlich größte Privatbunker. Dort gibt es in einem Berg eine gigantische ehemalige DDR-Munitionsbunkeranlage. Das Grundstück ist 283.000 Quadratmeter groß, verfügt in diversen Stollen über eine Bunkerfläche von mehr als 17.500 Quadratmetern sowie 20 Tonnen schwere Panzertüren. Über die künftige Nutzung der Bunkeranlage bzw. die Details der Umwidmung ist m. W. noch zu entscheiden. U.a. soll eine Anfrage aus dem arabischen Raum vorliegen, wonach besagtes Land in dem ehemaligen Bunker gerne ein Konsulat einrichten würde. Ist es da doch beruhigend zu wissen, daß bei einem globalen Nuklearkrieg auf die Dauer freilich auch kein Bunker nutzen würde?

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