Ja, die eleganten Parfum-Kollektionen „Acqua di Parma“ und „Aqva di Gio“ (Armani) kennt man, aber Aqva di Cannero?

Es ist ein strahlend schöner Morgen, als ich mich auf den Weg mache um den Mann zu treffen, der mit seinen Innovationen im Begriff ist das wunderschöne, aber wenig bekannte Örtchen Cannero Riviera (nur wenige Kilometer südlich der Italo-Schweizer Grenze) am Lago Maggiore, aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken.

Das Land, wo die Zitronen blühen

Beim Lesen von Goethes Versen denkt man unwillkürlich an die Zitronengärten rund um Amalfi oder die Orangenplantagen auf Sizilien. Bereits seit dem 13. Jahrhundert sind Zitronen in Europa (u.a. Spanien) nachgewiesen; seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in Deutschland. Man geht allerdings davon aus, daß Zitronen bereits im Römischen Reich zur Zeit Alexanders des Großen (ca. 300 v. Chr.) angebaut wurden. Das Ursprungsland der Orangen ist China, das der Zitronen Indien.

Will man dieses Flair erleben, muß man so weit gar nicht reisen. Die Sonnenstrahlen sind hier aufgrund des herrschenden Mikroklimas bereits Ende Februar schon recht warm und genau deshalb steht der Ort für den wohl nördlichsten Zitrusfrüchte-Anbau Europas. Unter dem Oberbegriff „Agrumi“ werden hier viele verschiedene Sorten in kleinen privaten Parzellen behutsam gepflegt und kultiviert. Und das schon seit Jahrhunderten und nicht als Folge des Klimawandels. Weltweit kennt man rund 60 Agrumi-Arten, als da sind: Zitronen, Limonen, Limetten, Bergamotten, Grapefruits, Pomeranzen, Pomelos (Kreuzung aus Grapefruit und Pampelmuse), Orangen, Mandarinen, Clementinen, Tangerinen und Kumquat, um nur die wichtigsten zu nennen. Besonders imposant sind die sog. Fingerzitronen, auch „Buddhas Hand“ genannt. Reife- und Haupterntezeit sind in Europa die Wintermonate, denn gerade Zitronen werden nach dem Heranwachsen erst bei wieder sinkenden Temperaturen so richtig gelb. Genialer Weise tragen die meisten Zitrusfrüchte gleichzeitig Früchte und Blüten, sodaß man in den Ursprungsländern rund ums Jahr ernten kann.

Wahrscheinlich wußten schon die Raubritter der Mazzarditi um die schmackhaften, vitaminreichen und vielseitigen Südfrüchte, als sie auf den kleinen vorgelagerten Inseln, den „Castelli di Cannero“, hausten. Diese sind heute in Besitz des italienischen Adelsgeschlechtes der Borromeo, denen etwas weiter südlich bei Stresa auch die bekannten Inseln „Isola Bella“, „Isola dei Pescatori“ und „Isola Madre“ gehören. Darüber hinaus vieles mehr, wie Ländereien, Burgen, Hotels und Privatstraßen, was kaum bekannt ist. Schlagzeilen machte 2015 die Hochzeit zwischen der Principessa Beatrice Borromeo und Pierre Cashiragi von Monaco.

Mein Gesprächspartner Michele Ermoli spricht u.a. perfekt Deutsch, da seine Mutter aus Frankfurt stammt. Obwohl ihn im Ort jeder kennt, sitzt er fast inkognito mit Sonnenbrille und Mütze in dem kleinen Strand-Cafe. Vor sich ganz stilecht einen Espresso. Natürlich hat er auch seine „Schätzchen“ mitgebracht, d.h. seine Kosmetiklinie „Aqva di Cannero“, die dieses Jahr bereits 10-Jähriges Jubiläum feiert. Trotz der Sonnenbrille sehe ich das Feuer in seinen Augen, wenn es um seine Kreationen geht. Er ist Patent- und Lizenzinhaber und aus einem Hobby ist längst Passion geworden.

Ein solches Projekt kann man freilich nicht alleine stemmen. Dazu braucht es kompetente Helfer aus der Kosmetik-Branche, denn er selbst managt und verbucht die Zahlen eines ganz anderen Unternehmens in Lugano. Er ist bzw. war nicht die „Nase“ seiner Düfte; dazu brauchte es einen Profi-Parfümeur. Er wußte vom ersten Augenblick an aber genau, was er wollte: nämlich den Agrumi-Duft seiner Heimat Cannero einfangen und mit regionalen Bio-Produkten ohne Tierversuche arbeiten.

Ich bestelle mir noch schnell einen „Shakerato“ und wir gehen sofort in media res. Produziert werden seine Produkte in der Provinz Pavia, südlich von Mailand (das Unternehmen möchte er nicht nennen). Dabei war es gar nicht so einfach eine Firma zu finden, die auf kleine Mengen spezialisiert ist. Herausgekommen sind samtige Texturen, die die Haut glätten und erfrischen mit einem unverwechselbar dezenten Duft, der praktischerweise unisex verwendbar ist. Seine Produktlinie umfaßt dabei nicht nur das übliche Parfum, ein Duschgel, Hand- und Gesichtscreme, sondern auch einen Raumduft, eine Sonnencreme und einen Lippenpflegestift. Ich könnte mir z.B. noch ein Deo oder Haarshampoo vorstellen.

Da die menschliche Nase 20-30 Millionen Riechzellen besitzt und das Gehirn über ein respektables Areal für Vorstellungskraft verfügt, hier also eine kleine Duftreise in die Welt der Aqva di Cannero-Produkte:

Eau de Parfum (50 ml), ca. 40 .-EURO

  • Kopfnote: Bergamotte, Grapefruit, maritime Noten
  • Körpernote: Grapefruitblüten, Lärche und holzige Noten
  • Basisnote: Amber, Moschus, Cedernholz und Patchuli

Duschgel 250 ml, ca. 16.- EURO

  • enthält über die Parfüm-Essenzen hinaus Ginseng- und Olivenölextrakte

Sonnencreme mit Schutzfaktor 50, (125 ml), ca. 25.- EURO

  • Sheabutter, Olivenöl, Mannose, Glucose und Beta-Glucan

Bodylotion (150 ml), ca. 27.- EURO

  • Emulsion aus reiner Eselsmilch, Traubenkern-, Sesam- und Macadamianöl und weiteren Pflanzenfette

Handcreme (75 ml), rund 12.- EURO

  • Sheabutter, Extrakte aus Ringelblume und Rosmarin und diversen Pflanzenfette

Gesichtscreme (50 ml), 37.- EURO

  • Schneckenschleim, Hyaluron, maritimes Kollagen, Vitamin E, Sheabutter, Mandelöl, Aprikosenkernöl und andere hautfreundliche Komponenten

Raumduft (250 ml), ca. 40.- EURO

  • verschiedene Zitrusschalenöle mit den Hauptnoten Mandarine und Grapefruit

Lippenpflegestift (4,5 g)

Wer sich mit wirksamen, kosmetischen Substanzen auskennt weiß, das hier nur die besten Ingredienzen verarbeitet wurden. Gerade mit zunehmenden Alter, braucht man ein gewisses nährendes und regenerierendes Hautpflegesortiment. Was will man mehr als Eselsmilch, in der schon Kleopatra badete. Die Milch kommt von Eseln aus dem gegenüber liegenden Luino und ist ein wahrer Hautschmeichler. Auch bei Hauterkrankungen und Allergien wird sie oft verwendet, da das Eiweiß der Eselsmilch dem in der menschlichen Muttermilch sehr ähnlich ist. Sie ist somit für jeden Hauttyp geeignet. Das enthaltene Antioxidans Vitamin C sorgt zudem für eine pralle und faltenfreie Haut. Eselsmilch ist also perfekt als Anti-Aging-Mittel.

Was den Schneckenschleim betrifft, so ist dieser schon seit gut 100 Jahren als Hautglätter bzw. eine Art „Natur-Botox“ bekannt, da er schon von Natur aus Allantoin, Kollagen, Elastin, diverse Vitamine, Aminosäuren und Mineralien enthält. Gewonnen wird er in der Toskana, extrahiert und verarbeitet bei einer Spezialfirma in Baveno mit 30-Jähriger Erfahrung in der Bio-Kosmetik. Anders als in der Massenproduktion werden die Schnecken dabei nicht getötet oder bei der Schleimabgabe unter Streß gesetzt. Die Schleimgewinnung erfolgt durch langsame Rotation, dann werden die Tiere wieder in die Freiheit der Schneckenfarm entlassen. In besagter Firma Centisia herrscht übrigens Frauenpower, d.h. alles Mitarbeiterinnen. Am 08.03., am Weltfrauentag, wird hier sicher groß gefeiert.

Auf teure Werbung will der Macher bewußt verzichten und lieber ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Als Insider weiß er, daß die großen Firmen fast 60% der Einnahmen für Werbung ausgeben. Man zahlt also doppelt so viel wie nötig. Dabei verkennt er nicht, daß mit Düften in erster Linie Träume und Illusionen erzeugt werden. Verkauft wird vielmehr ein Lebensgefühl, der Duft ist somit oft subjektives Empfinden. Ich brauche keine VIPs, die mein Parfum bewerben; ich wähle lieber selbst meinen eigenen individuellen Duft und bin mein eigener Star. Vor einigen Jahren hatte ich bei einem französischen Hersteller in der Provence im Rahmen eines Workshops meine eigene Duftnote namens „Esprit de Glace“ kreiert, deren prozentuale Zusammensetzung dort für ich auf Lebenszeit hinterlegt ist. Das Komponieren der Essenzen an der großen Duftorgel (darunter versteht man eine Vorrichtung der Parfümeure, wo sich im Halbrund auf drei Ebenen einige hundert Riechstoffe befinden) war/ ist ein wahres Abenteuer.

Derartige Produktentwicklungen müssen natürlich auf einer soliden und gesetzlichen Basis stehen. Mithin will vor Erstellung einer Kosmetiklinie vieles bedacht sein. Ähnlich wie bei Lebensmitteln müssen zur Zertifizierung vorab umfangreiche Unbedenklichkeits- und Herkunftsstudien vorgenommen und auch auf einem EU-Portal publiziert werden.

Auf der Website kann man sich über viele Produktdetails informieren; es gibt eine automatische Übersetzung in’s Deutsche. Der Onlineshop ist noch nicht aktiv, man kann die Produkte aber jederzeit in ausgewählten Hotels, der örtlichen Apotheke und ganz einfach per Mail bestellen. Der Kontakt lautet: info@aqvadicannero.it.

Wer sich und seinen Freunden also mal ein besonderes (Oster)Geschenk machen möchte, ist sowohl im Örtchen Cannero fernab des Massentourismus richtig, also auch bei der Wahl eines Aqva di Cannero-Produktes. Für Fragen ist Michele Ermoli jederzeit ansprechbar; er gibt gerne Auskunft. Ich kann nach kurzer Testphase sagen, daß alle Produkte sehr auskömmlich sind und schon eine geringe Menge eine spürbare Wirkung erzielt. Beim Auftragen der Gesichtscreme fällt auf, daß sie extrem schnell einzieht und sich die Haut durch einen seidigen Film sofort glatt und geschützt anfühlt.

Natürlich hat Ermoli schon mindestens ein neues Projekt in der Pipeline. So viel sei schon verraten: Basis wird das Mineralwasser einer heimischen Quelle sein. Selbstverständlich ebenfalls alles reine Naturprodukte. Hier hat er sogar das komplette Verpackungsdesign im Art Nouveau Stil selbst entworfen. Ich durfte schon einen Blick darauf werfen und war einmal mehr verzaubert.

Ich kenne Cannero und seine drei stilvollen historischen Hotels schon einige Jahre und trotzdem hätte ich an diesem Tag noch länger hier sitzen und fachsimpeln können. Oder zur weiteren Besprechung einfach das Linienschiff nehmen, das dreimal am Tag zu einer 1,5-stündigen Rundfahrt von Cannero aus nach Cannobio, Marcagno und Luino startet. Immer dabei, mein kleiner Parfümroller mit dem intensiven, spritzigen Cannero-Duft .

Goethe selbst war auf seinen Italienreise übrigens stets entlang des Gardasees unterwegs und nie am Lago Maggiore – er hätte den See und die Landschaft ebenso geliebt.

 

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