Als ich vergangenen Samstag bei meinem Friseur in der Frankfurter Innenstadt war, dachte ich so bei mir: oh verdammt, gar kein Parkplatz frei. Dieses Problem – wenn man es als solches bezeichnen möchte – gab es in den zurückliegenden Monaten nie und das habe ich ehrlich gesagt genossen. Weniger genossen hatte ich, 3 Monate mit einem mausgrauen Haaransatz rumrennen zu müssen – aber das nur ganz nebenbei. Nun sind die Städte wieder voll. Also voll von Menschen und von Fahrzeugen. Und zwar so voll, dass es mich irgendwie wenig begeistert. Ich stelle fest, ich bin entwöhnt vom normalen Leben.

Dass dieses abstinente Corona-Leben für mich quasi auch zur Gewohnheit geworden war, fiel mir jetzt schon ein paar Mal vor die Füße. Zuerst bei einem Treffen mit einer ganz lieben Freundin, mit der ich mich irgendwann im April abends auf ein Glas Wein verabredet hatte. Wir tranken 2 Gläser Wein, naschten was für unsere Hüften, quatschten ausgiebig und eh wir uns versahen war es so gegen 11. Keine Ahnung, ob ich da irgendeine Regel verletzt habe, jedenfalls sind es von ihr zu mir und andersrum nur ein paar Schritte. Also zu wenig, um bei einer Kontrolle aufzufallen. War mir im Grunde auch egal, denn ich war durch unser Gespräch mit Freude gefüllt. Für ein paar Stunden hatte ich die Pandemie, irgendwelche Alltagssorgen, kurz: das ganze blöde Zeug vergessen. Als mein Wecker am nächsten morgen um 6.30 zur Frühschicht rief, war die Freude weit weniger groß. Ich quälte mich aus dem Bett und dachte, Renate, du bist echt nix Gutes mehr gewohnt. OMG, ich war so wahnsinnig müde. Also so müde, als hätte ich die Nacht durchgemacht. Mein einziger Vorteil für den Moment: ich hatte keinen Kater, weil man den von 2 Glas Wein eben nicht bekommt.
Merke: mein Körper gewöhnt sich an mehr vom Schlaf und noch weniger vom Alkohol als sonst. Oder: Hilfe, ist das Alter plötzlich über mich hergefallen?!!

Die nächste Begegnung in Bezug auf Abgewöhnung hatte ich dann bei unseren Urlaubsvorbereitungen. Ich glaube, ich habe noch nie so lange gebraucht, um irgendwelche 10 Teile aus unseren Schränken zusammenzupacken. Da wir für ein paar Tage mit einem Wohnmobil verreisten, brauchte ich sie nicht mal in einen Koffer packen, sondern nur Wäschekörbe zum Einräumen in die Staufächer vorbereiten. Ich war entsetzt, wie viele Fragezeichen sich vor meinem Kleiderschrank auftaten. Da musste ich dann schon mal über mich selbst schmunzeln. Einfach irre, festzustellen, wie diese banale Klamottenfrage so ein Kopfprogramm auslösen kann. Reiseentwöhnt, kann ich dazu nur sagen.

Zurück zum Samstag: viele Menschen, volle Straßen und Plätze – überall wuselig und laut. Auch daran muss ich mich erst wieder gewöhnen. Auch wenn das im „alten“ Leben total normal war, fühlt es sich gerade komisch für mich an. Die Pandemie hatte eben auch ein paar gute Nebenwirkungen: keine Staus in der Innenstadt und freie Parkplätze. Aber das wird schon wieder…. Schließlich ist der Mensch eben doch ein Gewohnheitstier 😊.

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