Hinter einem Hügel, der in Richtung des Yachthafens von Aregai abfällt, wenige Kilometer unterhalb des Dörfchens Cipressa, befindet sich mit der „VILLA BIENERein zeitgenössischer Kunstgarten der besonderen Art. Villa und Park sind das Refugium zweier Künstler, die dieses absolut außergewöhnliche Domizil in atemberaubender Hanglage mit Meerblick unweit von Imperia in mühevoller Kleinarbeit über Jahre hinweg gestaltet haben.

Manche bezeichnen diesen Platz auch als ein Museum für Migrationskultur, das der Inspiration seiner intellektuellen Sammlerin ungarischer Herkunft zu verdanken ist: Judith Török (geb. Biener). Gemeinsam mit ihrem Partner Carlo Magalitto schuf sie einen magischen Ort mit Openair-Installationen, Werken junger aufstrebender Künstler, prächtiger Keramik und vor allem farbenfrohen Mosaiken. Wie man im Rahmen einer Führung erleben kann – Judith zeigt im Vorbeigehen auf ein halbfertiges Mauer-Mosaik – wird an dessen Erweiterung und Vollendung permanent gearbeitet.

An einer großen Wand unterhalb der Villa zeichnen dutzende Tongravuren mit Texten in mehreren Sprachen auch das schicksalhafte Leben seiner Besitzerin nach. Fast die gesamte Familie von Török war den Wirren des Zweiten Weltkrieges und dem Holocaust zum Opfer gefallen. Darauf angesprochen, erklärt die Künstlerin mit dem bunten Haarschopf die einzelnen Motive und Zusammenhänge der Bildabfolgen. Und ja, sie bestätigt sich dadurch das Durchlebte von der Seele „geschrieben“ und damit in der Tat ihre ganz eigene Erinnerungskultur und -bewältigung geschaffen zu haben. So ist da in Italienisch zu lesen: „Die Geschichte der Bieners endet hier in Cipressa“ und in Deutsch auf der Erinnerungstafel an Schwager und Schwester Klara Biener “… Arbeit macht frei“.

Das u.a. mit Olivenbäumen bewachsene Terrain besteht aus mehreren Gebäudeteilen sowie aus einem suggestiven System hängender Gärten, die auf abgestuften Ebenen angeordnet und fast vollständig mit Keramikböden bedeckt sind (Vorsicht bei Nässe rutschig). Ein häufig wiederkehrendes Motiv sind z.B. Katzen; die auffälligste begehbare Kopf-Skulptur nahe des Einganges titelt als „Große Mutter“ (2008). Manchmal sind auch Gebrauchsgegenstände wie die beiden Liegestühle (erkennbar am Konzept integrierten Bildmotiv) Kunstobjekte. An anderer Stelle sind Bildaussagen doppeldeutig oder versteckt angelegt. Will man sich selbst überraschen, sollte man öfters mal die Betrachtungsperspektive wechseln.

Die Villa Biener http://www.villabiener.com/ ist wahrlich ein lebendiges Gesamt-Kunstwerk und in jedem Fall ein paar Extrakilometer wert. Ohne Frage der richtige Platz, um im Urlaub Kunst und Kultur in ungewöhnlicher Umgebung zu genießen. Neben den Kunstobjekten bietet die großzügige Gartenanlage auch viele lauschige Ecken zum Entdecken, Lesen und Relaxen. Und nicht zu vergessen: das vollständig mit Mosaiken ausgekleidete Swimming-Pool – Baden in Kunst. Adresse: Via Avv. Fossati 80, Cipressa (IM), 18017, Aufstieg Aregai di Cipressa (1,6 km);

Besuchszeiten: 15.00 – 19.00 Uhr (Mai-September) oder nach Vereinbarung; Mobil: +39 348 0050238; sicherheitshalber zuvor fragen, ob Park, Galerie und Haus geöffnet sind: Email: info@villabiener.com

Dank Talent und der beharrlichen Liebe zur Kunst von Judith Török und Carlo Magalitto kann sich das westliche Ligurien nicht nur eines Museums zeitgenössischer Kunst unter freiem Himmel rühmen; vielmehr ist es den beiden betagten Künstlern auch wichtig, ihre Kunst täglich zu leben und an Interessierte weiterzugeben. Sie selbst leben und arbeiten in einem geräumigen Haus mitten im Park umgeben von eigenen und fremden Meisterwerken. Skulpturen, Mosaike und Natur verschmelzen zu einem harmonischen Miteinander weit jenseits der konventionellen Kunst.

Läßt man den Blick von einem Mauervorsprung aus über das Meer schweifen, erspäht man tief unten den schönen kleinen Strand von San Lorenzo al Mare. Nach einer Besichtigung hat man also die Wahl: Entweder sich ein erfrischendes Bad gönnen und die Füße in den Sand strecken oder weiter auf den Spuren besonderer Anwesen zu wandeln.

Hier noch drei weitere Tipps:

Das GROCK-MUSEUM oberhalb von Imperia. Das ehemalige Wohnhaus des berühmten Clowns ist ein wahrhaftes Sinnbild seines Wirkens und entsprechend verspielt und bunt – wie ein Zuckerbäcker-Schlößchen – gestaltet. Adrian Wettach, so der bürgerliche Name des Allround-Talentes mit dem melancholischen Lächeln, lebte dort nach seinem Bühnenabschied 1954 bis zu seinem Tod 1959. Seit dem kümmert sich eine Stiftung um den Erhalt des Anwesens samt Park und Teichlandschaft. http://www.museodelclown.it/de

Die VILLA KERYLOS in Beaulieu-sur-Mer ist eine 1908 nach antiken Vorbildern gestaltete Villa, die der französische Archäologe Théodore Reinach erbauen ließ. Die Rekonstruktion der prachtvollen antiken griechischen Residenz ist ein wahres Juwel am Wasser, bestückt mit eigens dafür entworfenen Möbeln und Geschirr sowie geradezu schillernden Mosaik-Teppichen. https://www.villakerylos.fr/

Der Villa Biener mehr als ebenbürtig, aber nur selten für Publikum zugänglich (z.B. im Oktober 2023) ist die VILLA SANTO SOSPHIR. Das auf Cap Ferrat (nahe Villefranche) gelegene Traumhaus wurde 1946-1950 erbaut und ist Jean Cocteau gewidmet. Die darin enthaltenen Fresken und mythischen Wandzeichnungen von Cocteau, bilden ein einmaliges Gesamtbild seines Denkens und Handelns; weit mehr, als es ein Museum vermag.    http://www.villasantosospir.fr/

In diesem Sinne: gute Reise und maximale Genußmomente.

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