Die Fingerhutsammlung „Fritz“/ The Art-Craft-Thimble Collection „Fritz“ (1983-2023ff) öffnet Ihre Pforten. Am 03.01.20024 berichtete die Rhein-Neckar-Zeitung ausführlich darüber:

„DIE FINGERHÜTERIN – Objekte von Nutzen, Zier und Kunst“ – zu sehen in Heidelberg

Das Jahr 2024 fängt gut an, denn meine Sammlung ist nun offiziell Teil der Textilsammlung Max Berk (s. Modemarken Betty Barclay, Vera Mont, Gil Bret) und füllt eine eigene Vitrine. Zum Gelingen des „Umzugs“ bedarf es nicht nur eines stimmigen Präsentationskonzeptes, sondern auch kompetenter, helfenden Hände bei der Platzierung und Kuratierung. Mein Dank geht an dieser Stelle an Frau Mag.art Narbeshuber sowie Frau Büchner, die mir dadurch einen entspannten, abschließenden Draufblick ermöglicht haben. Die museale Wertschätzung freut mich sehr, vor allem die komplette Sammlung nun für immer in guten Händen zu wissen.

Schritt für Schritt und mit viel Bedacht wanderte ein Fingerhut nach dem anderen an seinen Platz – egal, ob Normal- oder Übergröße oder Sonderform. Aber, wie fing eigentlich alles an?

ENTSTEHUNG UND INTENSION

Wer reist, möchte von überall her mindestens ein Andenken mitbringen. Idealer weise sollte der Gegenstand aufgrund von Flugreisen klein und leicht sein. Da ich als Sammlerin auch gerne nähe und häufig traditionelle Kleidung sowie kunsthistorische Accessoires von den Reisen mitbrachte, lag die Idee einer FINGERHUT-Sammlung nahe. Perspektive: das 50-Jährige Collections Jubiläum 2033.

KATEGORISIERUNG NACH LÄNDERN UND MATERIALIEN

Einige Stücke bergen besondere Geschichten; zwölf davon sind hier nachzulesen. Leider war es nicht möglich in allen bereisten Ländern (fast 100), einen wertigen Fingerhut zu erstehen. Per 11/ 2023 umfaßt die gut 400-teilige Sammlung Stücke aus folgenden 47 Nationen:

Ägypten (1), Andorra (1), Argentinien (1), Australien (2), Bahamas (1), Belgien (9), Brasilien (1), BRD/ DDR (102), China (7), Chile (1), Dänemark (3), Frankreich (59), Finnland (2), Großbritannien/ Schottland/ Gibraltar/ Falkland Inseln (28), Griechenland (1), Guatemala (1), Italien/ Vatikan (22), Israel (1), Island (3), Irland (1), Kanada (4), Lettland (1), Liechtenstein (1), Litauen (3), Malta (2), Malaysia (1), Mexiko (8), Moldau (1), Niederlande (11), Österreich (18), Polen (4), Portugal/ Madeira (5), Rumänien (1), Rußland (7), Schweiz (11), Schweden (4), Slowenien (2), Singapur (1), Spanien (26), Südafrika (1), Tschechien (1), Türkei (2), Ukraine (2), Ungarn (3), USA (29), Virgin Islands (1), Zypern (1)

Im Laufe der Zeit wandelte sich die Intension der Sammelleidenschaft. Ging es zunächst um Funktion (darunter Gebrauchsfingerhüte aus Leder oder Gummi sowie Metallringe), bestimmte Orte, Personen oder Ereignisse, standen in den letzten 20 Jahren Material und Machart sowie Stilrichtung und Sonderformen (einschl. Spezialgrößen von XS bis XXL) im Vordergrund.

Zu sehen sind neben dem Portrait der Sammlerin u.a. die Conterfaits , Werke und Logos von: Beethoven, Churchill, Goethe, J. Strauss, van Gogh, Rembrandt, Puccini, Papst Benedikt, Jeanne d’Arc, Kaiserin Sisi, Kaiser Franz-Josef, Ludwig II, Lady Di/ Prince Charles, Miro, Mozart, Deutsche Wiedervereinigung, UN Genf/ New York, Goldene Hochzeit von Queen Elisabeth und Prince Philipp, Hannover Expo 2000, Jahrtausendwechsel 2000, Olympia Salt Lake City, etc.

sowie Fingerhüte aus 35 verschiedenen Materialien:

Bergkristall (1), Bernstein (3), Blech (9), Emaille (25), Draht (1), Gips/ Ton/ Terrakotta (3), Glas/ Kristall (8), Graphit (1), Granit (1), Gummi (1), Holz (11), Jade (1), Keramik (10), Klöppelspitze (1), Kupfer (1), Kunststoff (8), Leder (1), Metall (25), Meerschaum (1), Mammut-Elfenbein (1), Messing (3), Mosaik (1), Muscheln (1), Opal/ Perlmutt (3), Onyx (2), Perlen (1), Porzellan (253), (Rentier)Horn (1), Schlangenhaut (1), Stroh (1), Silber (4), Türkis (2), Wolle (2) und Zinn (9).

Um der Fingerhut-Ausstellung eine eigene Note zu geben, tendiere ich seit einiger Zeit zu  Eigenkreationen, um als dritte Dimension neben Gebrauchs- und Zierobjekten den künstlerischen Aspekt der Sammlung noch mehr zu betonen und stets Raum zur Erweiterung zu lassen.

DER FINGERHUT – IM WAHRSTEN SINNE DES WORTES ALS „ANGEWANDTE KUNST“

Nachstehend Informationen zu 12 speziellen Fingerhüten bzw. wie sie Sammlungsteil wurden

1. Türkei: Aus Meerschaum geboren (KAT B/ Zier- und Sammelobjekte)

Nach vergeblicher Suche in Istanbul einen besonderen Fingerhut zu finden, erreichte die mich postum dieses außergewöhnliche handgefertigte Exemplar. Ein dortiger Arbeitskollege hatte sich an meine Sammelleidenschaft erinnert.
Sepiolith, auch Meerschaum genannt, ist ein seltenes Magnesiumsilikat von meist weiß-grauer Farbe. Das sehr leichte Mineral wird ansonsten überwiegend zur Herstellung von Tabakpfeifen verwendet. Auch die schwarze Version aus Graphit/ Carbon ist eine Rarität. Zwei orientalische Überraschungs-Stücke

2. Mexiko: Fingerfertigkeit einer Indianerin – Geschichte eines Unikates (KAT C/ Eigen-/ Kunstkreationen)
Als ich 1995 die „Baranca del Cobre“, ein Schluchtensystem ähnlich dem Grand Canyon bereiste, fiel mir die Fingerfertigkeit und Flechtkunst der indigenen Bevölkerung auf. Spontan bat ich um Anfertigung eines Fingerhutes aus simplen Strohgras.
Die gedrungene Frau mittleren Alters vom Stamm der Raramuri/ Tarahumara-Indianer signalisierte den Wunsch verstanden zu haben, dies aber nicht zu können. Dennoch suchte ich am folgenden Morgen die kleine Felsnische auf, wo ich die „Indigena“ zuletzt angetroffen hatte. Und da saß sie, neben sich dieses einzigartige Unikat. Als Entlohnung akzeptierte sie einzig ein paar Bonbons für die Kinder. Gerne hätte ich den Herstellungsprozeß des Kleinodes mitverfolgt und dabei mehr über die Flechtkünstlerin erfahren. Das ideell wertvollste Stück.

3. Litauen: Ein Bernstein-Märchen aus Ostpreußen (KAT C/ Eigen-/ Kunstkreationen)
Die meisten Bernsteinfunde werden im Tagebau oder mittels Offshore-Saugeinrichtungen aus dem Meeresboden gefördert. Im konkreten Fall in Palmnicken/ Jantarny auf Kaliningrader-Gebiet an der russisch-litauischen Grenze. Glücklicher Weise hatte ich gerade ein Bernstein-Seminar in der Galerie von Nidden besucht und hatte in Folge bei windigem Wetter zwischen Tangbündeln und Kieselsteinen den federleichten gelb-braunen Klumpen entdeckt. Das gelbe Gold der Ostsee (versteinertes Harz) kommt in Metallfassungen auf Fingerhüten aus Nordosteuropa gelegentlich vor, aber ein vollständiger Fingerhutkörper aus Bernstein ist eher einmalig. Die Bearbeitung erfolgte durch einen Schleifer vor Ort, ohne den Charakter des Steines maßgeblich zu verändern; daher die etwas geringe Tiefe. Das Experimentier-Stück.

4. Rumänien: Ein Fingerhut steht Kopf (KAT B/ Zier- und Sammelobjekte)

Genauer gesagt sind das Burg-Symbol und der Text „Bran“ auf dem schlichten Porzellan-FH verkehrt herum aufgedruckt. Kein Wunder, handelt es sich hierbei doch um Graf Dracula’s vermeintliches Zuhause in Siebenbürgen: Schloß Bran. Das seltsamste Stück.

5. Finnland: Es war einmal ein Elchgeweih (KAT B/ Zier- und Sammelobjekte)
Ältere Bullen werfen das Geweih einmal im Jahr (meist November) ab. Das Elchgeweih wächst bis zu 2,5 cm am Tag und ist damit das schnellste bekannte Knochenwachstum. Meist enden Geweihe/ Hörner als Jagdtrophäen an der Wand, dieses kleine Reststück wurde ein Fingerhut. Für mich als Siegerin der „Lappen-Olympiade“ wurde es ebenfalls zum Hauptgewinn, denn als Prämie wählte ich aus dem örtlichen Shop in Ruka – zur Verwunderung aller – das kleinste Souvenir aus Horn. Das Sieger-Stück.

6. Mexiko: Maßarbeit aus purem 925er-Silber (KAT A/ Arbeits-/ Gebrauchs-Fingerhüte)
Auch in Mexico-City, wo ich von 1995/1996 lebte und im Pharma-Management arbeitete, wollte ich meiner Sammelleidenschaft einmal mehr auf die Sprünge helfen. Aufgrund des günstigen Silberpreises sollten die Juweliere/ Gebrüder Estrada in ihrer aus der Zeit gefallenen Garagen-Werkstatt erstmalig ein solches (Schmuck)stück anfertigen. Trotz diverser Fingermessungen geriet das Stück zwar etwas spitz, bleibt aber dennoch eine ultimative Maßanfertigung mit drei zarten Gravuren (Mexico, Petra, 1995), das auch zur eigentlichen Gebrauchsanwendung taugt. Das teuerste Stück.

7. Guatemala: Sechsteiliger Maya-Totem aus Zinn (KAT B/ Zier- und Sammelobjekte)

Während Inka und Azteken zu unterschiedlichen Zeiten mit dem spanischen Kolonialreich untergingen, überlebte das Maya-Volk in Teilen Mexikos und Guatemalas. Jedes Teil der 6-er Vertikalserie aus schwerem Zinn zeigt ein anderes Motiv, zusammen bilden sie eine Einheit. Das Stapel-Stück

8. Spanien: Wunderwerk aus Klöppelspitze (KAT C/ Eigen-/ Kunstkreationen)
Um einen Fingerhut zu klöppeln, bedarf es einer Expertin. Der Zufall wollte es, in Sevilla Amelia zu treffen, eine Meisterin des Klöppelhandwerks und überdies Fingerhutsammlerin. Quasi über Nacht kreierte sie das hier gezeigte Spitzenmotiv, jenes zart-rosa Fadengeflecht (gestützt von einem Porzellan-FH), wie es nirgendwo sonst zu finden ist. Das elegante Kombi-Stück.

9. BRD/ Rußland: Filigrane Schnitzkunst aus Mammut-Elfenbein (KAT B/ Zier- und Sammelobjekte)

Das Material stammt aus Rußland, geschnitzt wurde der zierliche Fingerhut in Michelstadt, einem internationalen Zentrum der Elfenbeinkunst. Das sog. fossile Elfenbein entstammt meist den Permafrostböden Jakutiens oder der sibirischen Polarmeerküste. Schon die Eiszeitmenschen fertigten aus Mammutstoßzähnen Werkzeuge und Schmuckstücke. Das coole Meister-Stück.

10. Schweiz: Experiment aus Bergkristall und Granit (KAT C/ Eigen-/ Kunstkreationen)
Wer zum Strahlen geht (gemeint ist die Suche von Bergkristallen), muß früh aufstehen und vor allem gute Kondition haben. Denn die Reviere, also Felsspalten, Geröllfelder und Höhlen liegen abseits an geheimen Orten im Gebirge und sind nur zu Fuß erreichbar. So war mir auch im urigen Binntal kein Weg zu weit, um nach weiteren Stunden in einer Werkstatt bzw. an der Schleifmaschine mein Kristall-Fundstück mit grünem Granit zu einer Fingerhut-Adaptation zu vereinen. Zweifelsohne eine unkonventionelle Variante. Das Schwergewichts-Stück

11. Stuttgart Robinson Barracks: Ein geniales Porzellan-Trio (KAT B/ Zier- und Sammelobjekte)

Die amerikanischen Arbeitskollegen wußten schnell, was sie mir als „Farewell“-Erinnerung schenken wollten – natürlich einen Fingerhut aus feinem Porzellan, ergänzt um ein passendes Vasen- und Muschelschalen-Set. Das Abschieds-Stück

12. Heidelberg: Fingerhut meets Braille (KAT C/ Eigen-/ Kunstkreationen)
Erst 2022 wurde in den USA eine revolutionäre Erfindung vorgestellt: In einem Fingerhut sitzt ein Scanner, der die Schriftvorlage aus der Normalschrift in Blindenschrift überträgt. Warum nicht auch Texte auf Fingerhüten ertasten? Zu diesem einzigartigen Projekt inspirierte mich die in der Textilsammlung Berk ausgestellten Werke von Gudrun Achterberg. Die elf bunten Kunststoff-Fingerhüte tragen jeweils Braillepunkte zum Ertasten eines Buchstabens. Das interaktive Stück.

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Da darf am Ende auch mal gefeiert werden.

W o   k an n   d i e   S a m m l u n g   und vieles mehr  b e s i c h t i g t   w e r d e n?

Die Fingerhut-Sammlung ist Bestandteil der interessanten  Textilsammlung Max Berk in Heidelberg-Ziegelhausen, die zu den kurpfälzischen Museen gehört und unter der Leitung von Frau Dr. Scherer steht.

Lust mal vorbei zu schauen? Selbstverständlich ist auch ein Feedback bzw. Blog-Kommentar bei der „Fingerhüterin“ immer willkommen. 

 

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